Einwände gegenüber GFK
Kritische Fragen zur Gewaltfreien Kommunikation
Kürzlich stellte mir eine Freundin folgende Frage zur GFK:
«Wie viel Manipulation(spotential) steckt in GfK ? Ich bin da ziemlich empfindlich und reagiere allergisch auf Manipulationsversuche. Alles auf positiv zu drehen ist aber real kaum möglich, es gibt immer unangenehme Wahrheiten – auch das gehört zu klar, kurz und direkt.»
Ich bin dankbar für die Frage, denn sie gibt mir wieder die Möglichkeit dies auch wieder selber zu hinterfragen. Hier ein Versuch dazu:
> wie viel Manipulation(spotential) steckt in GfK
Ich denke, da steckt genau soviel Manipulation drin, wie in der Person, welche deren Techniken anwendet.
Ja, es gibt Pseudo-Empathie, scheinbare Einfühlung, die nur in Worten ausgedrückt wird, während gleichzeitig immer noch die Haltung da ist, die eigene Strategie durchzusetzen, ohne Rücksicht auf andere.
Eine wirklich gewaltfreie Haltung besteht jedoch eher dann, wenn ich bereit bin die grundlegenden und aktuellen Bedürfnisse aller Beteiligten immer wieder zu berücksichtigen, und mich dabei auch fortlaufend zu versichern, dass meine Annahmen darüber immer noch stimmen. (Wir wissen doch, dass alle Phänomene in gegenseitiger Abhängigkeit bestehen, EINS sind, bzw. dass unser eigenes Glück und Wohlbefinden untrennbar vom Ganzen sind.)
«Gewaltfrei» bedeutet weiter, dass ich dann bereit bin mit diesen anderen zusammen Strategien zu entwickeln, welche das Potenzial haben die Notwendigkeiten ALLER Beteiligten erfüllen zu können.
Macht mit anderen vs. Macht über andere.
> Alles auf positiv zu drehen ist aber real kaum möglich, es gibt immer unangenehme Wahrheiten – auch das gehört zu klar, kurz und direkt
Ich werde meine Gedanken hierzu nicht kurz und direkt darlegen, da ich hoffe mich mit Folgendem verständlicher auszudrücken:
Jemand, der gerade eine sog. gewaltfreie innere Haltung einnehmen kann und dabei einfühlend auf sich selber und andere eingeht, der wurde von Marshall oft als «Giraffe» bezeichnet (grosses Herz und breiter Horizont), dies im Gegensatz zu einer bewertenden und angriffigen inneren Haltung welche er als «Wölfe» (im Engl. aber als Jakal) bezeichnete. Nicht dass es tatsächlich 2 Arten von Menschen gäbe, sondern eher, um einfache Namen für Haltungen zu haben, welche sich in uns selber abwechseln. Giraffe und Wolf dienen als einprägsames Kürzel für innere Haltungen.
Ich kenne keinen Menschen von welchem ich behaupten würde, der oder die ist sicher fähig, dank geistigem Training, immer stabil in der Giraffen-Haltung zu verweilen, einfühlsam, ausgeglichen, die Erscheinungen betrachtend, ohne jemals zu werten. Ich selber habe diese Stabilität sicher nicht.
Wenn immer ich innerlich in die Wolfs-Haltung falle, bezahle ich als Preis dafür mit Ärger, Missmut, Depression, Verstimmung und erfahre Zwietracht mit anderen.
Das geistige Training hin zu einem stabileren Geist liegt also in meinem eigenen Interesse. Das ist aber nicht etwas was GFK bietet, sondern hier meinen Weg zu gehen und eine eigene Praxis zu wählen, das ist mir selber überlassen. Ohne Grundlage eines heilsamen geistigen Trainings, ohne regelmässige Meditation wird GFK jedoch nicht gut funktionieren.
Dann könnte ich der Versuchung erlegen, wie wohl von Dir beargwöhnt, ein oberflächliches Verhalten an den Tag zu legen, «nett» sein zu wollen auf Teufel komm raus.
Aber Marshall Rosenberg betonte in diesem Zusammenhang immer wieder, und ich teile seine Meinung, dass Giraffen nicht nett seien, sondern aufrichtig.
Aufrichtig bezieht sich gerade auch darauf, dass ich meine Aufmerksamkeit immer wieder erneut dahin richte wo etwas lebendig ist in uns: auf die Gefühle und Bedürfnisse, und dann diese auch anspreche oder mitteile (wo ich das als hilfreich betrachte).
- Mit GFK übe ich mich darin Beobachtung von Interpretationen und Bewertungen getrennt zu halten.
- Wenn ich über Gefühle spreche, dann halte ich auch diese getrennt von Diagnosen, Analysen oder Opfergedanken (wie in «ich habe das Gefühl, ich werde nicht ernst genommen»).
- Wenn ich über das sprechen möchte was gerade notwendig ist, dann kläre ich erst die zugrundeliegenden Bedürfnisse aller Beteiligten, ohne Fixierung auf meine bevorzugte Lösungsstrategie (Materielle Sicherheit wäre ein Bedürfnis und Geld eine Strategie).
- Wenn ich diesen inneren Prozess der Klärung (der 3 vorhergehenden Punkte) durchlaufen habe, dann kommt der wichtigste Schritt: Ich suche nach einer oder mehreren Antworten auf die Frage: was kann ich oder jemand anderer dazu tun, dass dieses aktuelle Bedürfnis auf seine Rechnung kommt? Ich formuliere eine ganz konkrete Handlungsbitte, wo ganz klar wird was genau und wann genau ich etwas getan haben möchte, von mir selber oder von einer anderen Person.
Dieser Prozess ist erstmal mein eigener, innerer Prozess und hilft mir selber Klarheit in jeder Situation zu erlangen.
Wenn ich hingegen jemand anderem meine Ansichten und Strategien an den Kopf werfe, ohne diese Klarheit vorher gewonnen zu haben, ohne sicher zu sein dass wir sowohl die eigenen Bedürfnisse wie auch jene des Gegenübers (gegenseitig) verstanden haben, dann laufe ich Gefahr, dass meine «Aufrichtigkeit» nichts weiteres ist als Ausdruck meiner eigenen Unwilligkeit mich in die Lage anderer zu versetzen.
Selbstverständlich kann ich darauf verzichten mich immer wieder in die Lage der anderen zu versetzen, es ist ja gut möglich, dass mir einfach der Geduldsfaden reisst.
Aber dann bezahle ich unweigerlich den Preis dafür – d.h. das Resultat kommt langfristig nie so, wie ich mir das wünschen würde.
Wenn andere das tun, was ich für richtig halte, weil ich mächtiger bin oder weil ich sie manipuliert habe oder weil sie einfach Angst haben oder aus einer Gruppendynamik heraus, dann sind dies Pyrrhussiege.
Das Ungleichgewicht wird den Anderen über kurz oder lang klar werden und sie werden es mir heimzahlen, bei Gelegenheit. Es scheint da halt einfach diese universelle Gesetzmässigkeit (aka. Karma) zu spielen: von Gewalt kommt Gewalt.
Ich kann aufrichtig und direkt sein und sofort intervenieren, wenn ich spüre, dass etwas krumm läuft. Ich muss nicht nett und harmoniesüchtig sein. Gleichzeitig kann ich eine gewaltfreie Sprache und wichtiger noch: eine gewaltfreie innere Haltung einnehmen.
Wenn ich merke, dass ich selber gerade dazu nicht bereit bin, dann ist es in meiner Erfahrung besser erst mal Abstand zu nehmen und zu schweigen. Schweigen ist zwar nicht gewaltfrei, aber immerhin vermeide ich die Eskalation. (z.B.: «Es tut mir leid, aber ich kann dieses Gespräch jetzt nicht weiterführen. Ich will jetzt einiges für mich klären und brauche jetzt eine Pause: Bist Du bereit <in einer halben Stunde / morgen / nächste Woche> nochmals mit mir darüber zu sprechen?»)
Und manchmal muss ich einfach aushalten, dass nicht einmal das mir gelingt.
Kurz: GFK hat nichts damit zu tun, dass alle «nett» sein müssen und irgendwie gekünstelt daherreden. Aber wenn wir anfangen GFK zu erlernen und zu üben, dann tönt es halt oft so. Die meisten von uns sind eben in einer Wolfswelt erzogen worden und haben das entsprechende Denken und Reden tief verankert.
—
Weiter hat mich dann meine Freundin auch auf die oft teuren Preise für Kurse und Seminare angesprochen
> ich möchte keine Basics für teures Geld repetieren
Sorgsam mit den eigenen Ressourcen umgehen, das ist mir auch wichtig und ich möchte auch gerne mal Fortschritt sehen. Ich vermute, dass es Dir darum geht?
Ein Mittel, welches mir dabei half mich auf günstige Weise mit den GFK Gedanken und Auffassungen vertraut zu machen, das war ein Hörbuch von Marshall Rosenberg, die Niederschrift eines Gesprächs mit Gabriele Seils (HERDER ISBN 978-388698-923-2). Wann immer ich unterwegs war, im Zug oder Auto, dann habe ich mir das angehört, mindestens ein Dutzend Mal.
Das Lesen, Hören und Lernen halte ich für unabdingbar als Grundlage für eine Verinnerlichung und Umsetzung.
Die eigentliche GFK ist dann jedoch die innere Umsetzung, die Haltung und die Bereitschaft zur Anwendung. Diese können meines Erachtens nur im Austausch mit Menschen entstehen, in der Praxis. Da sind Übungsgruppen, Kurse, Internationale Intensivtrainings etc eine wichtige Hilfe.
Wenn wir mit GFK eine gewisse Vertrautheit erlangt haben, dann können wir auch mit sog. Anfängern üben, mit Wölfen. Gerade mit Wölfen.
Um aber auch mal ein Erfolgserlebnis einzufahren, da eignen sich besonders gesellige Abende mit Freunden. Wenn ich in so einem entspannten Umfeld Menschen kennenlerne, dann kann ich da ganz unauffällig mal versuchen das Gelernte anzwenden: da werden dann ja oft Dramen und Heldengeschichten dargeboten oder meist auch über nicht anwesende gelästert… ich kann das jetzt benutzen und mich fragen: welches ist der wirklich gute Grund dafür, dass die Person das jetzt erzählt? Was ist das grundlegende Bedürfnis, welches ich auch selber kenne und gut nachvollziehen kann?
Wenn jemand z.B. Heldengeschichten erzählt, dann heisst das Bedürfnis vielleicht «Feiern». Die Person möchte mitteilen, wie sehr sie sich darüber freut, dass etwas gut gelungen ist. Drauf kann ich eingehen, z.B.: «Gell, das freut Dich gerade riesig, dass das so gut gelang?»
Von dem Augenblick an kann ich auch wieder in Anfängerkurse gehen oder an jedem anderen x-beliebigen Anlass teilnehmen, GFK kann ich jetzt immer üben und anwenden.
Aber es bleibt natürlich die Frage der Kosten und um zu sparen gehe ich selber auch nicht mehr zu Einführungsseminaren. Aber an ein IIT würde ich schon wieder gehen, wenn dann mal wieder eines stattfindet.
Oliver Osswald
Angebote
Empathie Sitzung
In einer oder mehreren Einzelsitzungen unterstütze ich Dich darin auch schwierigen Gefühlen auf den Grund zu gehen, Klarheit zu gewinnen, das Ruder zu übernehmen und zur selbstbestimmten Handlung zu gelangen.
Weitere Informationen
Was ich anbiete ist, dass ich Dir Einfühlung gebe, vollständig präsent bin und mich in Deine Lage versetze.
Ich versuche Dich zu verstehen – auch dann, wenn ich möglicherweise nicht mit Deinen aktuellen Strategien einverstanden bin.
Ich werde keine Urteile fällen, keine Analyse durchführen und keine Diagnosen abgeben, ich werde mir nicht anmassen über Dich zu urteilen oder meinen Senf dazu geben zu wollen.
Ich werde keine Ratschläge erteilen und keine Entscheide für Dich treffen. Ich werde Dir jedoch aufrichtig mitteilen, wie es mir selber gerade damit geht, was ich von Dir höre oder was ich wahrnehme.
Wir treffen uns auf Augenhöhe und üben so eine Form der Kommunikation, welche wir auch in unserem alltäglichen Umfeld so erleben und einbringen möchten.
Eine Sitzung dauert so lange wie es dafür benötigt oder bis einer von uns beiden aufhören möchte.
Fr 120 / Sitzung
4 Tage Seminar
Wie Kommunikation gelingt – Empathie und Wertschätzung in der Paarbeziehung Wir möchten gehört und verstanden werden und dass das, was wir brauchen, auch berücksichtigt wird.
Nach kurzen theoretischen Einführungen verwenden wir die Seminarzeit um Gesprächssituationen konkret auszuprobieren.
Gewaltfreie Kommunikation Basel
Nächste Termine
Informationsabende:
Termine nach Absprache
jeweils 19.00 -20.30 Uhr
kostenfrei
Kursdauer: 4 Tage
Termine:
Nach Absprache
jeweils 9-16.30 Uhr
Kursort:
Seminarraum Selbstheilkraft
Laufenstrasse 261
CH 4245 Kleinlützel
Kosten:
Informationsabende kostenlos
Preis für den ganzen Kurs:
Fr. 600.- pro Teilnehmer
Tages-Seminar
Für Firmen, Teams und Gruppen.
Der Einführungs- oder Vertiefungskurs zur Schulung und Training der Grundlagen Gewaltfreier Kommunikation (GFK).
Zur Teamförderung und für die Erweiterung sozialer Kompetenz und zur Vorbeugung gegen innere Kündigung und Burn-out.
Mehr Erfahren
Wir erlernen das 4- Ohren Modell und das 4 Schritte Modell von Marshall Rosenberg und wir lernen die Schlüssel-Unterscheidungen kennen:
- Wir unterscheiden Beobachtung von Interpretation
- Wir drücken Gefühle statt Gedanken aus
- Wir äussern Bedürfnisse statt Strategien
- Wir bitten anstatt zu fordern
Wir richten unsere Aufmerksamkeit dahin, wo wir eine Chance haben unsere Mitarbeiter oder Kollegen zu verstehen: die grundlegenden Bedürfnisse welche Menschen antreiben.
Wenn die Bedürfnisse aller Beteiligten angesprochen und berücksichtigt werden, dann gewinnen wir Rückhalt im Team und haben eine Chance dem passiven Widerstand und der inneren Kündigung zu entgehen.
Durch Bewusstmachung der vorhandenen Bedürfnisse gelingt es uns den Mitarbeitern und Kollegen auf Augenhöhe zu begegnen und erzielen damit viele positive Effekte:
- Wir verstehen «schwierige» Mitarbeiter leichter und können mit Einwänden konstruktiv umgehen, ohne den eigenen Standpunkt dafür aufgeben zu müssen
- Wir gewinnen an Autorität während wir gleichzeitig auf autoritäres Verhalten verzichten können
- Wir verschwenden keine Zeit mit unterschwelligen Konflikten und gestalten Sitzungen effizienter
- Team-Mitglieder die GFK integrieren und anwenden, werden Probleme und Konflikte zunehmend selbständig lösen
- Das Betriebsklima wird gefördert und die Mitarbeiter ziehen mit um den Unternehmens- oder Teamzweck zu erfüllen, weil sie die Erfahrung machen, dass auch ihre Bedürfnisse gehört werden.
Das Tages-Seminar kann als Einführung aber auch als Fortsetzung und Vertiefung nach Bedarf gebucht und gestaltet werden.
Fr 1250 / Tag
Literaturempfehlungen
Das Grundlagenbuch
Dr. Marshall B. Rosenberg
Gewaltfreie Kommunikation
Eine Sprache des Lebens
Das Grundlagenwerk – der Bestseller in Gewaltfreier Kommunikation